Automatische vs. manuelle Accessibility-Tests: Was ist besser?

Inhaltsverzeichnis

Einleitung

Digitale Barrierefreiheit ist ein zentrales Qualitätsmerkmal moderner Webentwicklung. Um sie sicherzustellen, bedarf es gezielter Tests, die digitale Inhalte, Strukturen und Funktionen auf ihre Zugänglichkeit hin überprüfen. Dabei stehen Entwickler*innen und Verantwortliche vor einer grundlegenden Frage: Reichen automatisierte Accessibility-Tests aus – oder braucht es manuelle Prüfverfahren, um die Anforderungen tatsächlich zu erfüllen?

Automatische und manuelle Tests verfolgen das gleiche Ziel, doch sie unterscheiden sich erheblich in Methodik, Tiefe und Aussagekraft. Dieser Beitrag beleuchtet beide Ansätze im Detail, zeigt Stärken und Schwächen auf und erläutert, warum ein integrativer Prüfansatz langfristig die höchste Qualität in der barrierefreien Webentwicklung sicherstellt.

Was sind automatische Accessibility-Tests?

Automatisierte Accessibility-Tests basieren auf Softwarelösungen, die den Quellcode einer Website analysieren. Tools wie Axe, WAVE, Lighthouse oder der Accessibility Checker von Siteimprove prüfen HTML-Strukturen, Kontraste, Alternativtexte und semantische Korrektheit gegen die Richtlinien der Web Content Accessibility Guidelines (WCAG).

Diese Tests laufen schnell, effizient und häufig direkt im Browser oder über CI/CD-Pipelines. Sie erkennen viele häufige Fehler wie fehlende Alt-Attribute, ungenügende Farbkontraste, fehlende ARIA-Rollen oder fehlerhafte Formularbeschriftungen. Für Entwickler*innen und Qualitätssicherungsteams sind sie ein unverzichtbares Werkzeug zur Erstbewertung und kontinuierlichen Kontrolle während der Entwicklung.

Automatische Tests liefern objektive, wiederholbare Ergebnisse und lassen sich problemlos in agile Entwicklungsprozesse integrieren. Doch ihre Reichweite ist begrenzt.

Grenzen automatisierter Tests

Trotz ihrer Effizienz erfassen automatische Tools nur etwa 20 bis 30 Prozent der potenziellen Barrierefreiheitsprobleme. Sie erkennen strukturelle und technische Mängel, können aber keine inhaltliche Bewertung vornehmen.

Beispielsweise prüfen sie nicht, ob ein Alternativtext wirklich aussagekräftig ist oder ob eine Navigationsstruktur logisch und nachvollziehbar angelegt wurde. Auch das korrekte Zusammenspiel von Design, Interaktion und Nutzerführung entzieht sich weitgehend automatisierten Prüfungen.

Zudem ignorieren viele Tools komplexe dynamische Inhalte, JavaScript-Interaktionen oder spezifische Benutzerbedürfnisse bei assistiven Technologien. Damit bleiben viele kritische Barrieren unentdeckt – mit potenziell gravierenden Folgen für die digitale Teilhabe.

Was leisten manuelle Accessibility-Tests?

Manuelle Tests ergänzen automatisierte Verfahren durch menschliche Wahrnehmung, Erfahrung und Empathie. Sie werden in der Regel von Accessibility-Expert*innen durchgeführt, die Websites mit Tastatur, Screenreader oder anderen Hilfsmitteln prüfen und dabei auf tatsächliche Nutzbarkeit achten.

Diese Tests bewerten nicht nur den Quellcode, sondern auch Inhalte, Nutzerführung, Sprache, visuelle Gestaltung und Rückmeldungen bei Interaktionen. Sie analysieren, ob Inhalte verständlich sind, ob Navigation konsistent ist und ob barrierefreie Nutzung auch unter realen Bedingungen möglich ist.

Manuelle Tests sind zeitintensiver, aber sie decken genau die Aspekte ab, die automatisierte Tools nicht erfassen können. Besonders bei komplexen Anwendungen, interaktiven Formularen oder responsiven Layouts sind sie unverzichtbar.

Manuelle Tests mit assistiven Technologien

Ein entscheidender Bestandteil manueller Prüfverfahren ist der Einsatz realer assistiver Technologien. Screenreader wie JAWS, NVDA oder VoiceOver, Vergrößerungssoftware oder Tastaturnavigation werden genutzt, um eine möglichst authentische Nutzungssituation zu simulieren.

Nur durch diese Perspektive lässt sich feststellen, ob barrierefreie Inhalte tatsächlich zugänglich sind. Technisch korrekt ausgezeichnete Elemente nützen wenig, wenn sie vom Screenreader unverständlich oder gar nicht vorgelesen werden. Ebenso ist es irrelevant, ob ein Button formal beschriftet ist, wenn seine Funktion im Nutzungskontext nicht klar wird.

Manuelle Tests bringen die Sichtweise der betroffenen Nutzer*innen ein – ein Aspekt, den automatisierte Tools niemals vollständig abbilden können.

Wann sind automatische Tests sinnvoll?

Automatische Accessibility-Tests sind besonders nützlich:

  • während der Entwicklungsphase zur kontinuierlichen Kontrolle

  • bei der Validierung von Code-Standards (HTML, ARIA, Kontraste)

  • als Bestandteil automatisierter Build- oder Release-Prozesse

  • zur schnellen Analyse großer Seitenmengen

Sie eignen sich hervorragend, um grundlegende Probleme frühzeitig zu erkennen und strukturierte Qualitätskontrollen zu etablieren. Für Entwickler*innen sind sie ein wichtiges Werkzeug zur Selbstprüfung und Dokumentation der Fortschritte.

Doch sie dürfen niemals als alleinige Maßnahme betrachtet werden – insbesondere nicht im Hinblick auf rechtliche Anforderungen wie das Barrierefreiheitsstärkungsgesetz (BFSG).

Wann sind manuelle Tests unverzichtbar?

Manuelle Prüfverfahren sind besonders wichtig:

  • vor Launches oder Relaunches

  • bei komplexen Anwendungen mit interaktiven Elementen

  • zur Beurteilung von Nutzerführung, Sprache und Struktur

  • bei der Vorbereitung auf Audits oder Zertifizierungen

Sie bilden die Grundlage für fundierte Empfehlungen, authentisches Nutzerfeedback und strategische Verbesserungen. Vor allem im Rahmen gesetzlicher Verpflichtungen, z. B. nach WCAG 2.2 oder EN 301 549, gelten manuelle Tests als unverzichtbar für die vollständige Nachweispflicht.

Zudem haben sie einen pädagogischen Effekt: Teams, die manuelle Tests durchführen oder begleiten, entwickeln ein tieferes Verständnis für digitale Barrierefreiheit und deren Bedeutung im Alltag.

Accessibility-Audits: Die Kombination macht den Unterschied

Professionelle Accessibility-Audits bestehen heute fast immer aus einer Kombination automatischer und manueller Prüfungen. Automatisierte Tools liefern erste Hinweise, decken grundlegende Schwächen auf und bieten eine solide Datenbasis.

Die manuelle Prüfung ergänzt dies durch Erfahrungswissen, differenzierte Bewertung und realitätsnahe Testszenarien. Gemeinsam ermöglichen beide Verfahren ein umfassendes Bild des Ist-Zustands – und bilden die Grundlage für gezielte Optimierungen.

Unternehmen, die beide Methoden strategisch kombinieren, erzielen die besten Ergebnisse. Sie minimieren Risiken, steigern Qualität und erfüllen nicht nur gesetzliche Vorgaben, sondern auch die Erwartungen ihrer Nutzer*innen.

Barrierefreiheit als kontinuierlicher Prozess

Accessibility ist kein einmaliger Meilenstein, sondern ein dynamischer Prozess. Regelmäßige Tests – sowohl automatisiert als auch manuell – sind erforderlich, um neue Inhalte, Updates oder technische Veränderungen kontinuierlich zu überprüfen.

Barrierefreiheit muss in Design, Entwicklung, Redaktion und Qualitätssicherung gleichermaßen integriert sein. Nur so lassen sich nachhaltige Fortschritte erzielen. Eine klare Teststrategie, geschulte Teams und die Kombination beider Testverfahren garantieren langfristige digitale Teilhabe.

Digitale Barrierefreiheit ist kein Randthema – sie ist Voraussetzung für echte Nutzerfreundlichkeit und moderne Webstandards.

Informative Ratgeber und redaktionelle Artikel rund um digitale Barrierefreiheit

Weitere Artikel entdecken

Ein Mann prüft am Computer mithilfe digitaler Tools wie WAVE, axe und Lighthouse, ob die Website barrierefrei gestaltet ist.

Automatisiertes Barrierefreiheits-Testing mit axe, WAVE & Lighthouse

Automatisiertes Barrierefreiheits-Testing mit axe, WAVE und Lighthouse bringt Accessibility-Prüfungen direkt in euren Dev-Prozess: Von der lokalen Code-Extension über Pre-Commit-Hooks bis zur CI/CD-Pipeline sorgen diese Tools für schnelle, skalierbare Audits nach WCAG-Standards. axe glänzt mit tiefgehenden Regelsets für semantisches HTML und ARIA, WAVE liefert visuelles Feedback auf der Seite, und Lighthouse bietet zusätzlich Performance- und SEO-Checks. Durch frühzeitige Fehlererkennung in Pull-Requests und nächtliche Full-Site-Scans lassen sich Regressionen vermeiden und alle Releases revisionssicher dokumentieren.

Für reibungslose Abläufe empfiehlt es sich, automatische Builds bei kritischen Violations abbrechen zu lassen, Tickets via Bot zu erzeugen und KPI-gedriebene Dashboards zu pflegen. das IFDB – Institut für digitale Barrierefreiheit unterstützt euch dabei mit zertifizierten Audits, maßgeschneiderten Schulungen und Managed Monitoring, damit eure Produkte dauerhaft 100 % gesetzeskonform und inklusiv bleiben.

Weiterelesen
Frau sitzt an einem Schreibtisch und gestaltet am Computer ein modernes Webdesign mit Fokus auf Farben und Kontraste. Das Bild symbolisiert barrierefreies Design und visuelle Lesbarkeit für inklusive digitale Inhalte

Designrichtlinien für Inklusion – Farben, Kontraste & visuelle Lesbarkeit

Damit alle Nutzer per Tastatur klar erkennen, welches Element gerade aktiv ist, solltest du für Links und Buttons deutliche Fokusrahmen definieren – zum Beispiel einen 3 Pixel breiten, kontrastreichen Rand mit ausreichend Abstand zum umgebenden Inhalt. Achte darauf, dass dieser Rahmen stets gut sichtbar bleibt und nicht zu dünn oder farblich zu unauffällig ausfällt.

Für aufklappbare Untermenüs sind ARIA-Attribute unverzichtbar: Mit aria-expanded signalisierst du, ob das Submenü geöffnet ist, und über aria-controls verknüpfst du den auslösenden Button mit dem entsprechenden Menü. Zusätzlich zeigt aria-haspopup an, dass eine weitere Ebene folgt. So verstehen Screenreader zuverlässig, wann Nutzer auf ein Dropdown stoßen und in welchem Zustand es sich befindet.

Auch die mobile Navigation lässt sich barrierefrei umsetzen: Ein einfacher Hamburger-Button trägt aria-expanded=“false“ und aria-controls=“mobile-menu“ und toggelt beim Klick das versteckte

Weiterelesen
Ein diverses Team sitzt gemeinsam vor einem Bildschirm und betrachtet motiviert Inhalte am Monitor. Die Szene steht exemplarisch für eine barrierefreie Zusammenarbeit in modernen Unternehmen, in denen digitale Teilhabe, Teamarbeit und inklusive Arbeitskultur gefördert werden.

Navigation barrierefrei gestalten – Was eine zugängliche Menüführung ausmacht

Damit alle Nutzer per Tastatur klar erkennen, welches Element gerade aktiv ist, solltest du für Links und Buttons deutliche Fokusrahmen definieren – zum Beispiel einen 3 Pixel breiten, kontrastreichen Rand mit ausreichend Abstand zum umgebenden Inhalt. Achte darauf, dass dieser Rahmen stets gut sichtbar bleibt und nicht zu dünn oder farblich zu unauffällig ausfällt.

Für aufklappbare Untermenüs sind ARIA-Attribute unverzichtbar: Mit aria-expanded signalisierst du, ob das Submenü geöffnet ist, und über aria-controls verknüpfst du den auslösenden Button mit dem entsprechenden Menü. Zusätzlich zeigt aria-haspopup an, dass eine weitere Ebene folgt. So verstehen Screenreader zuverlässig, wann Nutzer auf ein Dropdown stoßen und in welchem Zustand es sich befindet.

Auch die mobile Navigation lässt sich barrierefrei umsetzen: Ein einfacher Hamburger-Button trägt aria-expanded=“false“ und aria-controls=“mobile-menu“ und toggelt beim Klick das versteckte

Weiterelesen
Kontaktieren sie uns!

Mit der IFDB haben Sie einen starken Partner an Ihrer Seite, wenn es um die Barrierefreiheit digitaler Angebote geht.

Wir stehen Ihnen gerne für alle Fragen zur Verfügung – auch telefonisch.

Vorteile der Access Ready Zertifizierung nach EU 2019/882:

Was sind die nächsten Schritte?

1

Wir prüfen Ihr digitales Angebot auf digitale Barrierefreiheit.

2

Terminvereinbarung für kostenfreie & unverbdindliche Erstberatung.

3

Zertifizierung des digitalen Auftritts. Gesetzeskonsform & barrierefrei

Kostenloser Compliance Check & Erstgespräch!