Was bedeutet ATAG?
ATAG steht für Authoring Tool Accessibility Guidelines. Es handelt sich um Richtlinien des W3C, die festlegen, wie Autorensysteme – also Redaktions- oder Content-Management-Systeme (CMS), Website-Baukästen, E-Learning-Plattformen oder Dokumentenerstellungstools – barrierefrei gestaltet sein sollten. ATAG verfolgt dabei zwei zentrale Ziele: Werkzeuge selbst barrierefrei machen und Nutzer:innen bei der Erstellung barrierefreier Inhalte unterstützen.
Warum ist ATAG wichtig?
Barrierefreiheit endet nicht beim Frontend. Schon bei der Erstellung digitaler Inhalte müssen die richtigen Weichen gestellt werden. Wenn ein Redaktionssystem z. B. keine Möglichkeit bietet, Alt-Texte für Bilder einzufügen oder Überschriften korrekt auszuzeichnen, entstehen Barrieren direkt bei der Inhaltsproduktion.
ATAG setzt genau hier an und fordert:
Barrierefreie Bedienbarkeit des Tools selbst
Unterstützung bei der Erstellung barrierefreier Inhalte
So wird gewährleistet, dass digitale Barrierefreiheit schon beim Erstellen beginnt – und nicht erst im Nachgang geprüft oder nachgebessert werden muss.
Die zwei Säulen von ATAG
1. Zugänglichkeit des Autorensystems selbst (Part A)
Ein CMS oder Autorentool soll von Menschen mit Behinderungen problemlos nutzbar sein. Dazu zählen:
Tastaturbedienbarkeit
Unterstützung von Screenreadern
ausreichende Kontraste
sinnvolle Fokusführung
klare Bedienlogik
Beispiel:
Ein barrierefreier Editor muss die Möglichkeit bieten, per Tastatur Textbereiche auszuwählen, Menüs zu bedienen und strukturierende Elemente einzufügen.
2. Unterstützung bei der Erstellung barrierefreier Inhalte (Part B)
Das Tool sollte die Erstellung von barrierefreien Inhalten aktiv fördern, etwa durch:
Warnungen bei fehlenden Alt-Texten
Vorlagen mit semantischer HTML-Struktur
automatische Generierung barrierefreier Code-Strukturen
Hilfestellungen bei Formularen, Tabellen oder Videos
Beispiel:
Wenn ein Autor ein Bild ohne Alt-Text einfügt, kann das System eine Erinnerung oder ein Hinweis anzeigen: „Bitte Beschreibung für Bildschirmleser ergänzen“.
Beispiele für ATAG-konforme Funktionen
Ein CMS erlaubt nur die Auswahl aus barrierefreien Farbkontrasten.
Eingabefelder für Links fordern automatisch Linktexte statt „hier klicken“.
Automatische Prüfungen für die korrekte Überschriften-Hierarchie.
Integrierte Validierung der WCAG-Kriterien vor dem Veröffentlichen.
Wer sollte sich mit ATAG befassen?
CMS-Anbieter und Entwickler
Sie sollten ATAG bei der Planung und Entwicklung ihrer Systeme berücksichtigen.Institutionen mit Barrierefreiheitsverpflichtung
Öffentliche Stellen, Bildungseinrichtungen oder Behörden, die Inhalte bereitstellen, sollten prüfen, ob ihr eingesetztes System ATAG-konform ist.Unternehmen mit redaktionellen Arbeitsprozessen
Auch in der freien Wirtschaft spielt ATAG ab 2025 im Rahmen des BFSG (Barrierefreiheitsstärkungsgesetzes) eine zunehmend wichtige Rolle – insbesondere bei der digitalen Produktgestaltung.
ATAG im Vergleich zu WCAG
Zielgruppe | Standard | Fokus |
---|---|---|
Entwickler:innen von Websites | WCAG | Barrierefreie Inhalte |
Entwickler:innen von Tools | ATAG | Barrierefreie Redaktionssysteme |
Nutzer:innen von Tools | indirekt ATAG | Unterstützung bei Barrierefreiheit |
ATAG ergänzt die WCAG, indem es die Werkzeuge in den Blick nimmt, mit denen Inhalte entstehen.